
Untersuchung deckt Greenwashing und schleppende Elektrifizierung bei Deutschlands größten Leasingfirmen auf
Leasingfirmen von Volkswagen, Mercedes-Benz und BMW geben vor, “grüne” Vorreiter zu sein. Neue Daten zeigen, dass sie das nicht sind.
Deutschlands Top-Leasingfirmen sind nicht führend bei der Umstellung auf E-Autos, auch wenn sie vorgeben, Vorreiter beim Klimaschutz zu sein. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie von Transport & Environment (T&E). Die Umweltorganisation untersuchte die “grüne” Vorreiterrolle von Leasingfirmen in Europa nach sieben Kriterien. Keine der Firmen schnitt erfolgreich ab.
Untersucht wurden die europäischen Marktführer. Hierzu zählen mit Volkswagen Financial Services (VW FS), Alphabet und Athlon drei deutsche Unternehmen und deren europäische Konkurrenten Mobilize Financial Services, ALD I Leaseplan*, Arval und Leasys. Insgesamt betreiben diese Firmen einen Fuhrpark von fast 10 Millionen Autos in der EU. Leasingunternehmen haben daher einen großen Einfluss auf die Entwicklung des Automobilmarktes und auf CO2-Emissionen des Straßenverkehrs. Allein in Deutschland werden über 40 Prozent der Neuwagen geleast.
Keines der Unternehmen hat sich bisher verpflichtet, mit fossilen Brennstoffen betriebene Autos vollständig aus dem Sortiment zu nehmen. Im Gegensatz dazu haben sich viele Automobilhersteller und große Unternehmen bereits zum Ziel gesetzt, bis 2030 zu 100 Prozent auf vollelektrische Fahrzeuge umzusteigen. ALD I Leaseplan ist die einzige Leasingfirma, deren Ziel für den Einsatz rein batteriebetriebener E-Autos (BEVs) ehrgeiziger ist als die Produktionspläne der Automobilhersteller. Die deutschen VW FS, Alphabet und Athlon haben schwache oder gar keine Ziele für den Einsatz von BEVs.
In Sachen Offenlegung von Daten schneiden alle Leasingfirmen mangelhaft ab. Besonders intransparent ist jedoch VW FS – die größte Leasingfirma in der EU. VW FS legt keine Daten zu Neuzulassungen von Autos und zu den EU-weit geleasten Fahrzeugtypen offen. Das macht es schwierig, Fortschritte bei der Elektromobilität zu verfolgen. Alle drei deutschen Unternehmen lehnten es auf Nachfrage von T&E ab, Daten bereitzustellen
Betrachtet man die tatsächliche Arbeitsweise der Leasingfirmen, so stellt die Studie Diskrepanzen zum Anspruch der Firmen fest, “grüne” Vorreiter zu sein. Sie sind tatsächlich marktführend beim Einsatz von Plug-in-Hybriden (PHEVs), die hohe reale Emissionen haben. So meldet Alphabet, dass 2022 sein PHEV-Anteil in Deutschland bei rund 50 Prozent lag. Das ist über dem deutschen Markt (43 Prozent). Dasselbe gilt für VW FS in Frankreich, wo der PHEV-Anteil mit 41 Prozent ebenfalls über dem Markt liegt (36 Prozent). Unter Berücksichtigung der PHEVs sind CO2-Emissionen von Leasingfirmen höher als die des Marktes. Das gleiche gilt für Verbrenner-Emissionen.
In der Untersuchung wurden die Firmen zusätzlich nach den Kriterien Verbreitung von BEVs und Anteil großer Autos bewertet. Bei den meisten Kriterien ist keine Vorreiterrolle der Leasing-Größen zu verzeichnen.
“Schlechte Transparenz bei Daten, schwache Klimaziele und geringe Verbreitung von BEVs – die Bilanz der größten deutschen Leasingunternehmen ist weit davon entfernt, wo sie sein sollte. Autogiganten wie Volkswagen Financial Services oder Alphabet sollten sich schnell vom fossilen Zeitalter verabschieden und die Elektrifizierung in Deutschland und Europa vorantreiben. Nur dann werden sie zu den grünen Vorreitern, die sie vorgeben zu sein”, erklärt Stef Cornelis, Direktor für Elektroflotten bei T&E.
Die Untersuchung zeigt auch, dass sechs von sieben Leasingunternehmen Greenwashing betreiben und Kunden mit Behauptungen über Elektromobilität in die Irre führen. Mit Ausnahme von ALD I Leaseplan konnten “grüne” Behauptungen der sechs anderen Firmen, einschließlich der deutschen Unternehmen, nicht belegt werden.
Das BMW-eigene Unternehmen Alphabet hat sich das “klare Ziel gesetzt, das aktuelle Marktwachstum zu übertreffen, d.h. bei Elektrofahrzeugen schneller zu wachsen als im Segment selbst”. Aber Alphabets BEV-Bestand hinkt mit 12 Prozent in 2022 dem Markt in Deutschland (17,8 Prozent) hinterher.
VW FS behauptet, “den Übergang zur emissionsfreien Mobilität voranzutreiben”. Daten aus Frankreich und Italien zeigen jedoch, dass die Firma bei Neuzulassungen höhere CO2-Emissionen aufweist als der Marktes. In Frankreich lag der Unterschied bei 111 gegenüber 99 g CO2/km und in Italien bei 126 gegenüber 120 g CO2/km in der ersten Jahreshälfte von 2023.
Athlon von Mercedes-Benz hat sich zum Ziel gesetzt, “ein inspirierender Vorreiter im Bereich der nachhaltigen Mobilität zu sein und etwas gegen die Klimakrise zu unternehmen.” Aber der selbsternannte “Pionier der E-Mobilität” hinkt mit dem niedrigsten BEV-Anteil aller untersuchten Leasingfirmen von nur 7,7 Prozent in Frankreich dem Markt (15,0 Prozent) hinterher. Daten aus Italien belegen dasselbe. Dort verzeichnet Athlon einen BEV-Anteil von 2,8 Prozent gegenüber einem Marktanteil von 3,8 Prozent.
Cornelis erklärt: “Leasingunternehmen vermarkten sich selbst als grüne Vorreiter, die den Übergang zu sauberen Autos voranbringen. In Wirklichkeit betreiben sie Greenwashing bei ihrer Elektrifizierungsstrategie und täuschen die Verbraucher über ihren Umstieg auf Elektroautos. Es gibt eine echte Chance für diese Unternehmen, grüne Vorreiter zu werden – dafür müssen sie die Verbreitung von Elektroautos vorantreiben und die Emissionen auf unseren Straßen reduzieren.”
Leasingunternehmen sind die unbekannten Giganten der Automobilwelt und haben einen sehr großen Einfluss auf die Geschwindigkeit, mit der der Markt von fossil betriebenen Autos auf Elektroautos umstellt. Zudem sind die Firmen äußerst profitabel. Die Gewinnmargen der untersuchten Unternehmen liegen bei 12 bis 50 Prozent. Die Gewinne von VW FS haben beispielsweise die Drei-Milliarden-Euro-Marke überschritten. Alphabet und Athlon legen ihre Finanzen nicht offen.
Aufgrund ihrer Größe und Finanzkraft fordert T&E die deutschen Leasingfirmen und ihre europäischen Konkurrenten auf, sich bis spätestens 2028 ein 100-Prozent-BEV-Ziel zu setzen. Die Untersuchung zeigt, dass dies zu 11,9 Millionen zusätzlichen E-Autos auf europäischen Straßen und CO2-Einsparungen von 73 Millionen Tonnen bis 2030 führen wird.
ENDE
* In dieser Mitteilung beziehen wir uns noch auf den Namen ALD Automotive I LeasePlan. Die Einführung der neuen Marke wird im Jahr 2024 erfolgen.
Zur Studie: Stuck in the fossil age. Are car leasing companies in the EU green leaders or greenwashing?