• Studie: Anzahl der öffentlichen Ladepunkte sind kein Hindernis für ambitionierte CO2-Flottengrenzwerte auf EU-Ebene

    Deutschland könnte bis 2035 über 3 Mio. Ladepunkte verfügen, wenn die Gesetzgeber:innen die CO2-Flottengrenzwerte für Pkw in der EU entsprechend dem Ziel der Ampelkoalition von 15 Mio. Elektroautos verschärfen.

    Eine neue Studie zeigt, dass der Ausbau der Ladeinfrastruktur mit der steigenden Zahl an Elektrofahrzeugen infolge der Verschärfung der EU-Flottengrenzwerte für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge Schritt halten wird. Die Organisation Transport & Environment (T&E) hat berechnet, dass es in Deutschland bis 2035 bis zu 3,1 Millionen öffentliche Ladepunkte geben könnte, wenn die CO2-Grenzwerte für Pkw so weit verschärft werden, dass sie im Einklang mit dem von der Ampelkoalition festgelegten Ziel von 15 Millionen rein batteriebetriebenen Elektroautos bis 2030 stehen. T&E zufolge wird es auch dann genügend Ladepunkte geben, wenn die deutsche Regierung und die Abgeordneten des Europäischen Parlaments darauf drängen, die CO2-Grenzwerte für Pkw ambitionierter anzusetzen, als es die Europäische Kommission in ihrem Vorschlag getan hat.

    Laut der Studie könnte es in Deutschland infolge des vorgeschlagenen EU-Infrastrukturgesetzes, das die Mitgliedsstaaten dazu verpflichtet, die Ladeinfrastruktur proportional zum nationalen Bestand an Elektroautos auszubauen, bis 2030 bis zu 1,7 Millionen öffentliche Ladepunkte geben. Derzeit gibt es in Deutschland rund 63.000 öffentliche Ladepunkte, doch räumen EU-Kommission und Bundesregierung ein, dass noch viel mehr benötigt werden. T&E hat berechnet, wie weit das öffentliche Ladenetz ausgebaut würde, wenn die EU ihre CO2-Grenzwerte für Pkw bis 2025 bzw. 2030 erhöht und ein neues Zwischenziel für 2027 festlegt [1].

    Friederike Piper, Referentin für E-Mobilität bei T&E Deutschland, sagte: „Öffentliche Ladepunkte sind ein wichtiges Thema für Autofahrer:innen. Durch das EU-Infrastrukturgesetz sind Regierungen gesetzlich verpflichtet, den Ausbau der nationalen Ladeinfrastruktur entsprechend der steigenden Anzahl an E-Autos anzugehen. Die Bundesregierung und die Abgeordneten des Europäischen Parlaments sollten sich nicht davor scheuen, strengere CO2-Grenzwerte für Pkw zu fordern, nur weil sie befürchten, es könnte nicht genügend Ladepunkte geben.“

    Auch wenn ein sehr engmaschiges Netz öffentlicher Ladeinfrastruktur wünschenswert erscheint, werden die meisten Pkw weiterhin an privaten Ladepunkten zu Hause und am Arbeitsplatz geladen werden. Berechnungen von T&E zufolge könnten die Forderungen des Europäischen Automobilherstellerverbands ACEA zum Bau von 9,5 Millionen öffentlichen Ladepunkten in Deutschland bis 2035 führen. Dies würde bedeuten, dass Ladepunkte weniger als eine Stunde pro Tag genutzt würden – also weit weniger als die 3,6 Stunden, die laut einem Bericht von ACEA [2] nötig wären, damit die Ladeinfrastruktur wirtschaftlich rentabel ist.

    Laut T&E sind die Ziele der Autoindustrie unnötig hoch und würden enorme öffentliche Subventionen für Ladeinfrastruktur erfordern. Die Ziele der Industrie basieren auf den unrealistischen Annahmen, wonach 60 Prozent der Ladevorgänge an öffentlichen Punkten erfolgen und ein durchschnittliches E-Auto im Jahr 2030 weniger effizient sein wird als heutige Modelle [3].

    Friederike Piper erklärt: „Viel hilft viel gilt nicht unbedingt für öffentliche Ladepunkte. Ein massiver Ausbau der Ladeinfrastruktur, wie ihn einige Vertreter der Autoindustrie fordern, ist unnötig und würde bedeuten, dass am Ende die Steuerzahler:innen dafür gerade stehen müssen. In Deutschland werden maximal 3 Millionen öffentliche Ladepunkte benötigt, um den Bedarf der wachsenden Anzahl von E-Autos bis 2035 zu decken und ein wirtschaftlich tragfähiges Netz zu haben. Unrealistische Anforderungen an die Infrastruktur sollten ehrgeizigen CO2-Flottengrenzwerten für Pkw nicht im Wege stehen.“

    Die Abgeordneten des EU-Parlaments und die Regierungen entscheiden derzeit über den Vorschlag der EU-Kommission zur Verschärfung der CO2-Grenzwerte von Pkw in den 2020er Jahren und zur Forderung komplett emissionsfreier Neuwagen bis 2035.

     

    Hinweis an Journalist:innen:

    [1] T&E hat berechnet wie viele öffentliche Ladepunkte zur Verfügung stehen werden, wenn die EU-Gesetzgeber:innen neue CO2-Grenzwerte für Pkw für 2025, 2027, 2030 und 2035 festlegen, die mit dem europäischen Green Deal vereinbar sind.

    [2] „Eine durchschnittliche Netzauslastung von 15 Prozent ist für die mittel- bis langfristige Wirtschaftlichkeit erforderlich“ (ACEA 2022). European EV Charging Infrastructure Masterplan. Verfügbar unter: https://www.acea.auto/files/Research-Whitepaper-A-European-EV-Charging-Infrastructure-Masterplan.pdf

    [3] Die Lobbyorganisation der Autoindustrie, ACEA, geht davon aus, dass im Jahr 2030 etwa 60 Prozent der Elektrofahrzeuge an öffentlichen Ladepunkten geladen werden. Die EU-Kommission hingegen rechnet mit 15-40 Prozent. Die Industrie erwartet außerdem, dass ein durchschnittliches Elektroauto (BEV) im Jahr 2030 20 kWh / 100 km verbrauchen wird, während heute beliebte Modelle wie das Tesla Model 3 und der VW ID.3 nur etwa 16 kWh / 100 km verbrauchen.

    https://www.acea.auto/files/ACEA_Position_Paper-Alternative_Fuels_Infrastructure_Regulation.pdf

    https://ev-database.org/cheatsheet/energy-consumption-electric-car

    Mehr erfahren:

    Studie: ‘Charging’ for phase-out: Why public chargers won’t be a block on EU’s combustion car phase-out