• Deutschland wird bis 2030 mit einem Anteil von 43 % an der europäischen Produktion zum Drehkreuz für umweltfreundlichen Flugzeugtreibstoff

    Die Hersteller nachhaltiger Kraftstoffe in Deutschland könnten bis 2030 0,79 Mt E-Kerosin produzieren, doch die nationale und europäische Gesetzgebung bietet keine entsprechenden Anreize, so eine neue Prognose von Transport & Environment.

    E-Kerosin (1), das durch die Kombination von grünem Wasserstoff (H₂) und Kohlendioxid (CO₂) erzeugt wird, hat das Potenzial, die klimaschädlichen Emissionen des Luftverkehrs erheblich zu verringern. In seiner neuen Prognose hat T&E die geplanten Produktionskapazitäten von 18 europäischen E-Kerosin-Herstellern analysiert, darunter 12 in Deutschland. T&E kommt zu dem Ergebnis, dass bis 2025 über 0,16 Mt E-Kerosin für Fluggesellschaften zur Verfügung stehen würden, 54 % davon würden in Deutschland produziert. Bis 2030 kann die Produktion um mehr als das Neunfache steigen. Dann würden in Europa über 1,8 Million Tonnen E-Kerosin zur Verfügung stehen, 43 % davon würden in Deutschland produziert werden. 

    Um den Luftverkehr schnell und effizient zu dekarbonisieren, muss E-Kerosin für Fluggesellschaften leicht verfügbar gemacht werden, damit sie es ihren bestehenden Flugzeugtreibstoffen beimischen können. Die neue Studie von T&E zeigt, dass der deutsche Markt für E-Kerosin in Europa am weitesten entwickelt ist. Dennoch bieten die politischen Entscheidungsträger*innen auf nationaler und europäischer Ebene nicht genügend Anreize, um die Produktion von grünem Flugkraftstoff weiter anzukurbeln. 

    Damit E-Kerosin nahezu keine Treibhausgasemissionen verursacht und die Produktion in großen Mengen geschehen kann, sind zwei Voraussetzungen zu erfüllen. Erstens muss der Wasserstoff mit Hilfe von zusätzlichem erneuerbarem Strom hergestellt werden (so genannter „grüner Wasserstoff“). Zweitens muss Kohlendioxid aus der Atmosphäre entzogen werden, mittels eines Verfahrens, das als Direct Air Capture (DAC) bezeichnet wird. Die neue Untersuchung von T&E zeigt, dass nur fünf von 12 deutschen Herstellern von E-Kerosin mit dem DAC-Verfahren arbeiten. 

    Silke Bölts, Referentin für Luftverkehrspolitik bei T&E, sagte: „Für deutsche Kraftstoffhersteller bietet sich auf industrieller Ebene eine einmalige Chance. Grünes E-Kerosin ist der Flugzeugkraftstoff der Zukunft und muss die erste Wahl für Fluggesellschaften und politische Entscheidungsträger gleichermaßen sein. Jetzt ist es an der Zeit, dass die nationalen und europäischen Gesetzgeber den gleichen Ehrgeiz an den Tag legen und Anreize für den Einsatz von E-Kerosin in der Luftfahrt schaffen.

    Im Juli 2021 schlug die Europäische Kommission eine neue Initiative namens ReFuelEU Aviation vor, um den Anteil nachhaltiger Flugkraftstoffe (SAF) in Europa zu erhöhen. Neben Vorschriften zur Beimischung von SAF hat die EU-Kommission auch ein Teilziel für E-Kerosin vorgeschlagen. Seit der ursprüngliche Vorschlag auf dem Tisch liegt, ist ReFuelEU Aviation einer intensiven Prüfung unterzogen worden. Eine Reihe von EU-Mitgliedsstaaten taten sich schwer damit, die Klimaziele des Textes beizubehalten und versuchten sogar, die Vorschriften zur Beimischung von E-Kerosin zu abzuschwächen.

    Die mit dem ReFuelEU-Verordnungsentwurf von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Quotenziele für E-Kerosin sind zu schwach und auch der Zeitrahmen ist zu großzügig gesetzt (0,7 % im Jahr 2030). Die neue Untersuchung von T&E zeigt, dass frühere und ehrgeizigere SAF-Quoten von mindestens 0,1 % im Jahr 2025 und 2,0 % im Jahr 2030 möglich sind. Das E-Kerosin sollte Biokraftstoffe aus nicht nachhaltigen Rohstoffen ersetzen. 

    Die Fluggesellschaften, darunter auch Lufthansa, haben sich jedoch gegen strengere Ziele für nachhaltige Flugkraftstoffe, einschließlich ehrgeizigerer Beimischungsquoten für E-Kerosin, gewehrt. Eine Untersuchung von T&E zeigte, dass sich die Lufthansa und andere traditionelle Fluggesellschaften unter dem Deckmantel von Lobbyorganisationen wie der International Air Transport Association (IATA) dafür eingesetzt haben, den ReFuelEU Aviation-Vorschlag zu verwässern. 

    Silke Bölts fügte hinzu: „Sowohl die Mitgliedstaaten als auch die Industrie versuchen, die E-Kerosin-Vorschriften in Europa zu verwässern. Sie handeln damit entgegen den Bedürfnissen des Planeten. Die deutsche Regierung muss sich stattdessen für ehrgeizigere Ziele in ihrem Klimaschutz-Sofortprogramm einsetzen und einschreiten, wenn ihre nationale Fluggesellschaft Lufthansa versucht, den Ausbau von E-Kerosin zu behindern.“ 

     

    Hinweis für Redakteure:

    (1) Die Begriffe „E-Kraftstoff“, „synthetisches Kerosin“, „Synfuels“ und „Power-to-Liquid“ werden häufig synonym verwendet. E-Fuels ist ein breiterer Begriff, der alle Kraftstoffe umfasst, die mit Hilfe von Elektrizität hergestellt werden; E-Kerosin bezieht sich auf eine Unterkategorie von E-Fuels, die für die Luftfahrt geeignet sind.