• Der Absatz von E-Autos in Europa stagniert, während chinesische Hersteller beliebter werden

    Fehlende regulatorische Anreize verlangsamen die Elektrifizierung der europäischen Autoindustrie, während chinesische Elektroautohersteller ihren Marktanteil vergrößern

    Chinesische Automobilhersteller beginnen im europäischen Markt immer mehr Fuß zu fassen und sind bereits für 5 Prozent aller verkauften reinen E-Autos (BEVs) in diesem Jahr verantwortlich. Basierend auf aktuellen Trends könnten chinesische Hersteller bis 2025 sogar einen Anteil von 9 bis 18 Prozent am E-Auto-Markt in Europa haben, wie eine neue Studie von Transport & Environment (T&E) zeigt. Der Think Tank warnt davor, dass die europäische Autoindustrie immer mehr Marktanteile an ausländische Hersteller verlieren wird, sollte sie die Transformation zur Elektromobilität nicht schnell genug vollziehen.

    Friederike Piper, Referentin für E-Mobilität bei Transport & Environment Deutschland, sagte: “Autohersteller aus China und den USA bringen immer mehr neue und günstigere Elektromodelle auf den Markt, während europäische Hersteller ihr Portfolio nicht schnell genug erweitern und Marktanteile verlieren. Erst kürzlich gab es Meldungen, dass die chinesischen Hersteller BYD und NIO ihre Stromer nun auch hierzulande verkaufen. Wenn die europäische Autoindustrie wettbewerbsfähig bleiben soll, muss die EU eine starke Industriepolitik betreiben, die mit den aktuellen politischen Fördermaßnahmen für E-Autos in China und den USA mithalten kann. In Europa und allen voran Deutschland werden nicht nur das Klima, sondern auch die Arbeitsplätze in der heimischen Autoindustrie bedroht.”

    Der Marktanteil neuer E-Autos ist in der ersten Hälfte des Jahres 2022 auf 11 Prozent gesunken, verglichen mit 13 Prozent in der zweiten Jahreshälfte 2021. Währenddessen ist der Marktanteil von E-Autos in den USA und China gewachsen. Laut T&E deutet das darauf hin, dass vor allem fehlende regulatorische Anreize und nicht Lieferkettenschwierigkeiten den Markthochlauf der Elektromobilität behindern. 

    Der Marktanteil vollelektrischer Pkw bei Neuwagen lag in China in der ersten Hälfte des Jahres bei 18 Prozent und in den USA wuchs der Anteil neuer E-Autos um 50 Prozent, wohingegen es die Autohersteller in Europa nicht schaffen, die Nachfrage nach E-Autos zu bedienen, sodass die Wartezeiten länger sind als anderswo und die E-Auto-Zulassungen einbrechen. 

    Friederike Piper ergänzte: “Der langsame Hochlauf der Elektromobilität ist nicht allein auf Lieferkettenprobleme zurückzuführen, es fehlt auch an notwendigen politischen Rahmenbedingungen. Die EU muss das Verbrenner-Aus in 2035 endlich verbindlich beschließen und alle Schlupflöcher schließen, die die Reduktionsziele aufweichen würden. Ergänzend müssen die EU-Länder nationale Maßnahmen einführen, um den Hochlauf von E-Autos zu beschleunigen und die Klimaziele zu erreichen. So sollte die Bundesregierung in Deutschland als eines der effektivsten Instrumente schnellstmöglich eine ökologische Reform der Dienstwagenbesteuerung umsetzen.”

    Die Einführung der CO2-Flottengrenzwerte 2020/21 führte zu einer nie dagewesenen Reduktion der durchschnittlichen Emissionen von Neuwagen (jeweils -12 Prozent in 2020 und 2021). Hingegen sanken die durchschnittlichen Emissionen in der ersten Hälfte dieses Jahres um lediglich 2 Prozent. Laut T&E ist das auf die zu schwachen CO2-Grenzwerte zurückzuführen. Doch trotz stagnierender E-Auto-Verkäufe sind derzeit alle Hersteller mit Ausnahme von Volkswagen auf dem Weg, ihre Emissionsziele fürs laufende Jahr einzuhalten. 

    Wenn die Automobilhersteller ihren freiwilligen Selbstverpflichtungen nachkommen, könnte der Marktanteil vollelektrischer Pkw 75 Prozent im Jahr 2030 betragen. Falls die Hersteller bei der Transformation zur Elektromobilität nur – wie bisher auch – das absolut Notwendigste tun, um die CO2-Flottengrenzwerte einzuhalten, werden lediglich 55 Prozent der neuen Pkw vollelektrisch sein. Für Europa würde das 135 Millionen Tonnen an weniger eingespartem CO2 bis 2030 bedeuten. 

    Das stockende Angebot an neuen E-Autos und die langen Wartezeiten sind nicht das einzige Problem, mit dem sich der europäische Automarkt konfrontiert sieht. Europäische Autohersteller fokussieren sich immer mehr auf Premiummodelle, sodass der Volumenmarkt und folglich auch die Arbeitsplätze in diesem Segment zunehmend durch die ausländische Automobilindustrie gefährdet sind. T&E empfiehlt daher, den Markthochlauf preiswerter E-Autos durch eine Form des kostengünstigen Leasings für BEVs in der EU umzusetzen, wie es bereits in Frankreich geplant ist.

    Laut T&E sollten die EU und die Mitgliedstaaten bei der Verordnung der europäischen CO2-Flottengrenzwerte:

    • das von der EU-Kommission vorgeschlagene Ziel von 100 % CO2-Reduktion für alle Neuwagen ab 2035 beschließen, das auch vom EU-Parlament und den europäischen Umweltminister:innen unterstützt wird.
    • jegliche Ausnahmeregelungen und Gutschriften für synthetische Kraftstoffe ablehnen.
    • den ZLEV-Benchmark ab 2025 abschaffen, der Gutschriften an Autohersteller für den Verkauf elektrischer Autos ausgibt.
    • alle neuen Firmenwagen ab 2030 elektrifizieren.
    • EU-Mittel nutzen und nationale politische Maßnahmen einführen, die den Hochlauf der Elektromobilität beschleunigen (z. B. ökologische Reform der Dienstwagenbesteuerung in Deutschland).
    • die Industriepolitik an die jüngsten Vorhaben in der USA angleichen, in der beispielsweise Steuergutschriften und Förderungen für BEVs und Batterien an lokale Beschaffungs- und Umweltanforderungen geknüpft sind. 

     

    ENDE