• Deutschland kennt nur Bonus, keinen Malus: Niedrige Steuern auf Verbrenner behindern den Hochlauf der E-Mobilität

    Trotz umfangreicher Fördermaßnahmen für Elektromobilität belegt Deutschland beim Hochlauf neuer E-Autos (BEV) in Europa nur Platz 10, was auf die niedrige Besteuerung von Verbrennern zurückzuführen ist, so eine neue Analyse von Transport & Environment (T&E).

    Deutschland tut sehr wenig, um den Kauf und die Nutzung von umweltschädlichen Verbrennern einzudämmen. Das hemmt die Nachfrage nach neuen E-Autos und ebenso die Transformation der Automobilhersteller, so eine neue Analyse von T&E. Als eines von wenigen Ländern in Europa besteuert Deutschland CO2-intensive Autos kaum, weshalb diese bei unseren europäischen Nachbarn fast überall teurer sind als hierzulande.

    Deutschland liegt bei der Verbreitung neuer vollelektrischer Autos auf Platz 10 in Europa und reiht sich damit hinter dem Vereinigten Königreich, den Niederlanden und den skandinavischen Ländern ein, die das Ranking anführen. Mehr Anreize für den Umstieg auf E-Autos könnten bestehen, wenn umweltschädliche Verbrenner entsprechend ihres CO2-Ausstoßes zur Kasse gebeten würden.

    Vor allem in puncto Neuzulassungssteuer und Dienstwagenbesteuerung schneidet Deutschland schlecht ab. Während in Norwegen für emissionsintensive Verbrenner bei der Neuzulassung bis zu 16.100 Euro (Platz 1 im Ranking) und in Dänemark für Pkw mit Emissionen von mehr als 150 g CO2/km sogar 41.800 Euro (Platz 5 im Ranking) fällig werden, wird in Deutschland keine Zulassungssteuer auf neue Autos erhoben. Hingegen wurden Elektrofahrzeugen beim Kauf eine lange Zeit mit einer vergleichsweise hohen Förderung von bis zu 9.000 Euro bezuschusst – hier wird das Prinzip “nur Bonus, kein Malus” sehr deutlich.

    Ab kommendem Jahr werden die Kaufprämien gekürzt und der Erwerb vollelektrischer Autos wird wieder teurer, weshalb die Bundesregierung im Umkehrschluss nun dafür sorgen sollte, dass eine deutliche Differenzierung beim Kauf und auch der Nutzung umweltschädlicher und emissionsfreier Fahrzeugen bestehen bleibt. In vielen europäischen Ländern gilt längst das Prinzip “The polluter pays” – der Verursacher zahlt. Durch eine höhere Steuerbelastung für neue Benzin- und Dieselfahrzeuge könnte die Bundesregierung sicherstellen, dass auch ohne hohe Kaufprämien der Umstieg auf vollelektrische Autos attraktiv bleibt, sagt T&E.

    Friederike Piper, E-Mobilitätsexpertin bei T&E Deutschland, erläutert: “Mitten in der Klima- und Energiekrise kürzt die Bundesregierung die Kaufprämien und macht somit E-Autos teurer, aber Verbrenner nicht. Wie soll Deutschland mit solchen Maßnahmen seine Klima- und Elektrifizierungsziele erreichen? Bei uns sollte das Verursacherprinzip im Straßenverkehr gelten, um zwischen umweltschädlichen und sauberen Fahrzeugen zu unterscheiden. Wer beim Neukauf und der Haltung weiterhin auf klimaschädliche Verbrenner setzt, sollte das auch entsprechend vergüten.”

    Zudem hat auch die niedrige Besteuerung von Firmenwagen negative Auswirkungen auf den Hochlauf der Elektromobilität in Deutschland. Zentral hierbei ist die Dienstwagenbesteuerung, die in Deutschland auch als 1-Prozent-Regelung bekannt ist. Wenn ein Arbeitgeber seinen Mitarbeitenden einen Firmenwagen zur Verfügung stellt und diese das Fahrzeug für private Zwecke nutzen, entsteht ein versteuerungspflichtiger geldwerter Vorteil, der monatlich auf den Bruttolohn aufgeschlagen wird.

    In Deutschland gilt eine der niedrigsten Dienstwagenbesteuerungen für Benzin- und Dieselfahrzeuge in Europa: Jährlich müssen 12 Prozent des Fahrzeugwerts versteuert werden, für Plug-in-Hybride wird dieser Satz halbiert und bei vollelektrischen Autos fällt nur ein Viertel dieses Wertes an. Zum Vergleich: In Norwegen müssen für jeden Dienstwagen, der mehr als 4 g CO2/km ausstößt, jährlich 30 Prozent des Bruttolistenpreises versteuert werden. Das Vereinigte Königreich hat seine Dienstwagenbesteuerung progressiv an den Emissionswerten ausgerichtet, wobei für CO2-intensive Autos auch am meisten gezahlt werden muss (bis zu 37 Prozent des Listenpreises werden versteuert).

    Hingegen wird in Deutschland nicht zwischen kleineren und effizienten sowie größeren und umweltschädlichen Autos unterschieden. Als Firmenwagen versteuern sowohl ein Mercedes SUV als auch ein kleiner Volkswagen monatlich 1 Prozent des Bruttolistenpreises. Mit Blick darauf, dass in diesem Markt zwei Drittel aller Neuwagen zugelassen werden, ist das problematisch. Denn während bereits jeder fünfte neue Privatwagen vollelektrisch fährt, tut es nur jeder zehnte Firmenwagen, wie jüngst eine Analyse von T&E zeigte.

    Friederike Piper sagte: “Die veraltete Steuerpolitik in Deutschland dient nicht dem Klima, sondern großen umweltschädlichen Autos. Das muss die Regierung im lang erwarteten Klimaschutz-Sofortprogramm endlich korrigieren. Eine ökologische Reform der Dienstwagenbesteuerung würde Dienstwagennutzende zum Umstieg bewegen, weil umweltschädliche Verbrenner teurer würden. Ohne Reform wird das 15-Millionen-E-Auto-Ziel der Bundesregierung in 2030 nicht zu erreichen sein.”

    Mit dem Good Tax Guide veröffentlicht T&E nun ein Handbuch für politische Entscheidungsträger:innen und Expert:innen, die die Steuerpolitik für Pkw in Deutschland und den restlichen europäischen Ländern umfassend vergleichen können. Dieses Handbuch ist das erste in Europa, das die Steuerlast sowohl für den Erwerb als auch die Nutzung von Autos mit verschiedenen Antriebsarten ausführlich vergleicht. Betrachtet wurden 31 Länder, sieben Steuerarten und zwei Zulassungsarten (Privat- und Firmenwagen).

     

    Mehr Informationen:

    Transport & Environment (2022): Good Tax Guide. A comparison of car taxation in Europe.

    Die Zusammenfassung für Deutschland finden Sie ab Seite 125.