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Ohne diese Schlupflöcher müssten Fahrzeughersteller in diesem Jahr 840.000 mehr rein elektrische Autos verkaufen.
  • Daimler und BMW nutzen Schlupflöcher, um ohnehin schwache EU-Flottengrenzwerte für Neuwagen einzuhalten

    Eine Studie von T&E zeigt, dass Hintertürchen die Wirkung der EU-Richtlinien zur Förderung sauberer Fahrzeuge untergraben

    Daimler und BMW lassen keine Möglichkeit aus, um durch den Verkauf von scheinbar “elektrischen” Plug-in-Hybriden ihre Emissionsziele zu erreichen. Einer neuen Studie von Transport & Environment (T&E) zufolge schmälern mehrere solcher Hintertürchen die Wirkung der EU-Richtlinien zur Förderung sauberer Fahrzeuge. Ohne diese Schlupflöcher müssten Fahrzeughersteller in diesem Jahr 840.000 mehr rein elektrische Autos verkaufen, um ihre Zielvorgaben zu erreichen.

    Wenn Hersteller schwere Fahrzeuge verkaufen, müssen sie entsprechend niedrigere CO2-Flottengrenzwerte einhalten – eine Regelung, die den Absatz von emissionsstarken SUVs und Plug-in-Hybriden geradezu fördert. Die Daten von T&E zeigen, dass Daimler und BMW ihre EU-Ziele für 2021 ohne diese Regelung nicht erreichen würden. Plug-in-Hybride stoßen – wenn sie nicht aufgeladen werden – tatsächlich mehr CO2 aus als Fahrzeuge mit fossilen Verbrennungsmotoren.

    Für die Analyse hat T&E Daten zu den CO2-Emissionen von Neufahrzeugen in der ersten Jahreshälfte 2021 zusammengetragen. Die Auswertung zeigt, dass es Automobilherstellern nur unter Ausnutzung der zahlreichen Schlupflöcher gelang, die europäischen CO2-Ziele für 2021 einzuhalten. Und das obwohl die neu zugelassenen Benziner und Dieselfahrzeuge von Daimler im Durchschnitt höhere Emissionen aufweisen als die Modelle von vor fünf Jahren. Auch die durchschnittlichen CO2-Emissionen der Verbrenner von BMW und der Volkswagen AG sind kaum gesunken.[1]

    Stef Cornelis, Direktor T&E Deutschland, sagte: „Daimler, die Volkswagen AG und BMW preisen sich als umweltfreundlich an, aber hinter dieser Fassade nutzen sie jedes noch so kleine Schlupfloch, um die Umstellung hin zu emissionsfreien Fahrzeugen hinauszuzögern. Jetzt, wo die EU ihre Klimaziele für die Hersteller überarbeitet, hat die Politik die Chance, dieser Heuchelei ein Ende zu setzen.“

    Aufgrund der europäischen CO2-Flottengrenzwerte ist der Anteil von Elektroautos am europaweiten Absatz inzwischen auf fast 20 Prozent gestiegen. Die CO2-Grenzwerte der EU für 2025 fallen allerdings so schwach aus, dass sie bereits zwei Jahre früher erreicht werden. Der Untersuchung von T&E zufolge wird das zu einer Stagnation der Verkäufe von Elektrofahrzeugen in Deutschland und Europa führen. Eine kürzlich von T&E in Auftrag gegebene Studie hat bereits aufgezeigt, dass Deutschland seine Fahrzeugemissionen bis 2030 halbieren muss, wenn es seine eigenen Klimaziele erreichen will. Dafür müssten bis 2025 mehr als 60 % der Neufahrzeuge elektrisch sein. Das Fazit: Ohne ambitioniertere EU-Flottengrenzwerte für Automobilhersteller ab dem Jahr 2025 – einschließlich eines Zwischenziels für 2027 – wird Deutschland seine selbstgesetzten Klimaziele und die gemachten Versprechungen keinesfalls erfüllen können.

    Stef Cornelis dazu weiter: „Die Verschärfung nationaler Klimaziele ist die eine Sache. Den Worten müssen aber auch Taten folgen. Ohne strengere CO2-Flottengrenzwerte auf EU-Ebene wird Deutschland seinen Verpflichtungen niemals nachkommen können. Die Ampel-Parteien sollten sich im Koalitionsvertrag für höhere Ziele in 2025 und 2030 aussprechen und das von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Ziel von 100 % emissionsfreien Fahrzeugen ab dem Jahr 2035 unterstützen, wenn sie ihre Glaubwürdigkeit beim Thema Klimaschutz nicht aufs Spiel setzen wollen.

    Regierungen und die Abgeordneten des EU-Parlaments debattieren derzeit die Vorschläge der Europäischen Kommission für neue Pkw-Flottengrenzwerte. Die Verhandlungen sollen Anfang 2023 abgeschlossen sein.

    Hinweise an die Presse:

    [1] Neue Benziner und Dieselfahrzeuge (ohne Hybride), die von Daimler im Zeitraum Januar–Juni 2021 verkauft wurden, emittieren 10 g/km mehr CO2 als 2016, so die Untersuchung durch T&E. Die Emissionswerte von BMW und der Volkswagen-Gruppe lagen 1 g bzw. 2 g unter den Werten von 2016.

    Mehr Informationen:

    T&E-Bericht: Boom von Elektrofahrzeugen in Gefahr (Engl.)