Pressemitteilung

Neue Studie: Standortkosten beeinflussen Passagierzahlen nur begrenzt

29. Oktober 2025

Nachfrage im Luftverkehr ist entgegen den Behauptungen aus der Branche hauptsächlich von Reisetrends und Strategien der Airlines abhängig.

Eine neue Studie im Auftrag von T&E zeigt, [1] dass die Nachfrage im Luftverkehr zum Großteil von den Strategien der Airlines und von Markttrends wie veränderten Reisegewohnheiten abhängt. Dies widerlegt die Behauptung der Airlines, dass nationale Luftverkehrssteuern und -gebühren allein für den Rückgang der Passagierzahlen nach der Pandemie verantwortlich sind, so T&E.

Die Studie untersucht den Zusammenhang zwischen standortbezogenen Kosten und Passagierzahlen für 101 europäische Flughäfen im Jahr 2024. Die Ergebnisse zeigen, dass Flughäfen mit niedrigen Standortkosten keine höheren Passagierzahlen garantieren. Tatsächlich verzeichnen Flughäfen mit höheren Kosten tendenziell mehr Passagiere. Der Flughafen Heathrow beispielsweise hat die höchsten standortbezogenen Kosten, aber auch die höchsten Passagierzahlen in Europa. Folglich kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass bei der aktuellen Größenordnung der Besteuerung nur eine schwache Korrelation zwischen Kosten und Passagierzahlen besteht. [2] Das wird durch eine weitere Analyse belegt, die den Zusammenhang zwischen veränderten Ticketpreisen und veränderten Passagierzahlen betrachtet. Auch sie ergab nur eine schwache Korrelation zwischen den beiden Faktoren. Vielmehr bestimmen Drehkreuze, internationale Abkommen und Marktstrategien, ob ein Flughafen wichtig ist und angeflogen wird.

Marte van der Graaf, Referentin für Luftfahrt bei T&E Deutschland, sagt: „Airlines versuchen, eine einfache Geschichte zu erzählen, indem sie die Standortkosten für sinkende Passagierzahlen verantwortlich machen. Aber das ist nur eine Kampagne, um Steuern und Gebühren zu senken. Die Nachfrage nach Flügen ist komplexer. Analysen zeigen, dass strategische Entscheidungen von Airlines, Trends im Reiseverhalten und Geschäftsmodelle von Airlines die Passagierzahlen beeinflussen. Standortkosten spielen eine untergeordnete Rolle.

Höhere Preise haben auch in der Vergangenheit die Nachfrage nicht gebremst. In Deutschland war z.B. der Preis für Flugbenzin 2019 ca. 60 Prozent höher (inflationsbereinigt) als im Jahr 2000. Dennoch stieg im gleichen Zeitraum die Passagierzahl um 75 Prozent. Die Nachfrage im Luftverkehr wird vor allem durch das Angebot bestimmt. Die Fluggesellschaften legen ihre Flugpläne Monate im Voraus fest und füllen dann die Sitzplätze durch Preisanpassungen. Mit Reisen verbundene Kosten wie Hotelausgaben können die Nachfrage laut Studie weiter beeinflussen.

Die sinkende Nachfrage lässt sich auch auf den weltweiten Rückgang von Geschäftsreisen nach der COVID-Pandemie zurückführen. Eine Analyse der Travel Smart Campaign von T&E ergab, dass große deutsche Unternehmen ihre Emissionen zwischen 2019 und 2024 im Durchschnitt um 40 Prozent senken konnten. Einige Firmen erreichten besonders große Einsparungen: So reduzierte SAP seine Emissionen aus Geschäftsreisen im Jahr 2024 um 70 Prozent im Vergleich zu 2019, Allianz um 60 Prozent. Gleichzeitig gewinnen Urlaubsreisen zunehmend an Bedeutung. Während Geschäftsreisende meist Wirtschaftszentren anfliegen, konzentrieren sich Urlaubsreisen auf Urlaubsziele, wodurch Flugreisen in südeuropäische Länder im ersten Quartal 2025 im Vergleich zu 2019 um 10 bis 20 Prozent gestiegen sind. Insgesamt haben Trends im Reiseverhalten tendenziell einen größeren Einfluss auf die Passagiernachfrage als Steuern und andere Kosten.

T&E empfiehlt der Bundesregierung, die Luftverkehrssteuern, -gebühren und -abgaben nicht zu begrenzen oder zu senken. In der Folge würden lediglich Milliarden an öffentlichen Einnahmen verloren gehen, ohne spürbare Effekte auf Passagierzahlen. Eine nationale Ticketsteuer sollte so ausgestaltet sein, dass sie wirtschaftliche Externalitäten widerspiegelt, d.h. die klimabelastendsten Tickets sollten mit den höchsten Steuern belegt werden. In der Praxis würde das höhere Steuersätze für Tickets der First und Business Class sowie höhere Steuersätze für Langstreckenflüge bedeuten.

Airlines machen unermüdlich Standortkosten dafür verantwortlich, dass ihr milliardenschweres Geschäft schlechter läuft als sonst. Würde die Bundesregierung Steuern und Gebühren jetzt senken, wäre das lediglich ein Geldgeschenk an die Airlines, während dem Bundeshaushalt dringend benötigte Gelder entzogen würden. Einnahmen aus einer fairen Besteuerung von Flügen könnten in nachhaltige Flugkraftstoffe investiert werden“, sagt van der Graaf.

Anmerkung für die Redaktion:

[1] Im Auftrag von T&E untersuchten die Ökonomen Prof. Friedrich Thießen (TU Chemnitz) und Prof. Christoph Brützel die Kosten für Flughäfen, die durch nationale Abgaben entstehen, und verglichen sie mit der Zahl der Passagiere, die diese Flughäfen anfliegen und von ihnen abfliegen. Dabei wurde berücksichtigt, ob sich die Ergebnisse je nach Flughafentyp ändern. Außerdem wurde bestätigt, dass eine traditionelle Preiselastizitätsanalyse im Luftverkehr nicht zuverlässig ist. Die Studie ergänzt eine DLR-Studie vom April 2025.

[2] Mit einer angemessenen Besteuerung, die eine weitere Größenordnung an Kostensteigerungen mit sich bringen würde, könnte die Besteuerung des Luftverkehrs zu einem Instrument der Nachfragesteuerung werden. Die derzeitigen geringfügigen Unterschiede bei den nationalen Steuern, Abgaben und Gebühren zeigen jedoch keine starke Korrelation mit der Nachfrage.

Mehr zum Thema

Alle anzeigen