Meinung

Warum so zögerlich, Deutschland?

Susanne Goetz — 30. September 2025

Frankreich startet in die zweite Runde Social Leasing. Deutschland könnte von den Erfahrungen profitieren und mit einem starken Programm nachziehen.

Autorin

Heute feiert Social Leasing in Frankreich sein Comeback. Menschen mit geringem und mittlerem Einkommen können sich wieder auf eine staatliche Förderung bewerben, um zu vergünstigten Raten ein E-Auto zu leasen. Der Andrang auf die erste Runde 2024 war so enorm, dass das Programm nach wenigen Wochen ob der vielen Anträge gestoppt werden musste. Doch es zog auch Kritik nach sich: zu teuer, zu ungenau. Bis zu 13.000 Euro pro Auto, zu viele Teilnehmende aus mittleren Einkommensgruppen profitierten. Nun hat man nachgebessert. Bei der Neuauflage wurde die Förderung pro Auto auf 7.000 Euro herabgesetzt.

In Deutschland wird das Programm bisher lediglich von der SPD gefordert, die Union hält sich zurück, konkrete Pläne existieren bisher nicht. Förderungen hierzulande kommen (oder kamen) etwa Eigenheimbesitzern mit Solaranlagen, Pendlern oder Dienstwagenfahrenden zugute. Nun gibt es zwar endlich kleinere, günstigere E-Autos auf dem Markt, aber für einen Großteil der Deutschen sind Stromer generell noch nicht bezahlbar, auch nicht über den Gebrauchtwagenmarkt.

Genau hier könnte Social Leasing auch in Deutschland Abhilfe schaffen. Das Programm ermöglicht kurzfristig Zugang zu erschwinglichen E-Autos und stärkt den Gebrauchtwagenmarkt, wenn jetzt geleaste (Neu-/oder Gebraucht-)Wagen als Rückläufer zur Verfügung stehen.

So viel zur Theorie. In der Praxis hat die Bundesregierung zwar im im Koalitionsvertrag ein “Programm für Haushalte mit kleinem und mittlerem Einkommen aus Mitteln des EU-Klimasozialfonds, um den Umstieg auf klimafreundliche Mobilität gezielt zu unterstützen” angekündigt. Die schlechte Nachricht: Dieser Fonds reicht nicht. Er soll zwar den Preisanstieg durch die Einführung des Emissionshandels für Gebäude und Straßenverkehr für private Haushalte und kleine Unternehmen sozial abfedern. Allerdings kann über diesen Fördertopf kein wirklich wirksames Social Leasing-Programm gestemmt werden. Für alle drei Bereiche, Gebäude, Verkehr, kleine Unternehmen, wird Deutschland aller Voraussicht nach nur ca. eine Milliarde pro Jahr zur Verfügung stehen. Besser wäre es stattdessen für die Finanzierung den Klima- und Transformationsfonds (KTF) zu nutzen, der genau für solche Programme existiert und über den schneller mehr Gelder zur Verfügung gestellt werden könnten.

Gleichzeitig könnte Deutschland bei der Ausgestaltung seines Social Leasing Programms von den Erfahrungen in Frankreich profitieren. T&E empfiehlt neben einer Begrenzung auf niedrige Einkommen auch fehlenden Zugang zum ÖPNV und das Abwracken des alten Verbrenners zur Voraussetzung für die Teilnahme zu machen. Das Programm könnte schnell und unbürokratisch über eine Förderrichtlinie umgesetzt werden. Gefördert werden sollten gebrauchte Autos oder bei Neuwagenleasing vor allem kleine Autos wie der VW ID.1 oder der elektrische Renault 5. Das kann bis auf die Kompaktklasse, wie den VW ID.3, ausgeweitet werden. Es sollten ausschließlich in der EU produzierte Autos Teil des Programms sein.

Klar ist: Mit Steuergeschenken für 100.000 Euro teure Dienstwagen werden wir in der breiten Bevölkerung weder Zuspruch für die Politik noch die E-Mobilität gewinnen. Von Social Leasing profitieren nicht nur Haushalte, sondern auch die heimische Industrie und nicht zuletzt das Klima.

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