EU-Hersteller werden wegen Verzögerung der CO2-Grenzwerte für 2025 2 Millionen E-Autos weniger verkaufen.
Die europäischen Autohersteller verkauften in den ersten sieben Monaten des Jahres 38 Prozent mehr E-Autos. Dadurch sind nach einer Studie von T&E alle Hersteller mit der Ausnahme von Mercedes-Benz auf Kurs, die EU-Emissionsziele für 2025-27 zu erreichen. [1] Allerdings hat die Fristverlängerung der CO2-Ziele für 2025 bis 2027 dazu geführt, dass die Autohersteller ihre Anstrengungen im Bereich E-Mobilität verlangsamt haben. T&E geht daher davon aus, dass zwischen 2025 und 2027 2 Millionen E-Autos weniger verkauft werden als bei Einhaltung der ursprünglichen Frist [2]. T&E forderte die EU-Kommission auf, bei ihrem Strategischen Dialog über die Zukunft der Automobilindustrie am kommenden Freitag an den Zielen für 2030 und 2035 festzuhalten.
Laut T&E-Analyse werden BMW, Renault und Volkswagen ihre Emissionsziele für 2025–2027 voraussichtlich erreichen. Es wird davon ausgegangen, dass BMW die nach EU-Recht zwischen 2025 und 2027 zulässigen durchschnittlichen Emissionsgrenzwerte um 13 Gramm pro Kilometer (gCO₂/km) übererfüllt. Stellantis und Renault werden die Grenzwerte voraussichtlich um 9 bzw. 2 gCO₂/km übererfüllen und damit einhalten, während Volkswagen die Grenzwerte wohl knapp erreicht, ohne dass eine Marge (0 gCO₂/km) übrig bleibt.
Mercedes-Benz, das den Vorsitz des EU-Automobil-Lobby-Verbandes ACEA innehat und der lautstärkste Gegner der EU-Ziele ist, ist der einzige europäische Automobilhersteller, der diese Ziele aus eigener Kraft nicht erreichen würde. Das Unternehmen würde die Vorgaben um 10 gCO₂/km verfehlen und müsste Volvo Cars und Polestar für Emissionszertifikate im Rahmen eines sogenannten Pooling-Zusammenschlusses bezahlen.
Die EU steht unter dem Druck der Automobilhersteller, die Emissionsziele für 2030 und 2035 zu lockern. Sie hat Anfang 2025 bereits ein großes Zugeständnis an die Industrie gemacht und die Frist für das 2025er-Ziel um zwei Jahre verlängert. Die Automobilhersteller reagierten darauf mit einer Erhöhung des Preisaufschlags für E-Autos gegenüber Verbrennungsmotoren von 30 Prozent Anfang 2025 auf 40 Prozent im Juni [3]. Infolge der Fristverlängerung werden zwischen 2025 und 2027 voraussichtlich 2 Millionen E-Autos weniger in der EU verkauft [2].
Diese Prognose ist trotz einer positiven Marktdynamik zu erwarten, die den Absatz von E-Autos ankurbelt. Die Batteriekosten werden voraussichtlich zwischen 2022 und Ende 2025 um 27 Prozent sinken und bis 2027 gegenüber dem diesjährigen Niveau nochmal um 28 Prozent zurückgehen [4]. Alle Mitgliedstaaten haben die im EU-Ziel für 2025 geforderte Zahl öffentlicher Ladestationen bereits erreicht oder übertroffen. 22 von 27 EU-Ländern haben mehr als doppelt so viel installierte Ladeleistung, wie gesetzlich vorgeschrieben [5].
Sebastian Bock, Geschäftsführer von T&E Deutschland, sagt: „Einige Hersteller reden die Erfolge der letzten Jahre mit Absicht schlecht, weil sie die Flottengrenzwerte schwächen wollen. In der Realität sehen wir aber einen schnellen Anstieg der E-Auto-Verkäufe und Ladepunkte in ganz Europa. Die Emissionsrichtlinien spielen dabei die entscheidende Rolle. Nur wenn die EU jetzt Kurs hält, hat die europäische Automobilindustrie eine Chance im globalen E-Auto-Wettbewerb. Verwässern wir die vereinbarten Ziele weiter, dann könnten noch mehr europäische Hersteller Mercedes folgen und bei der Elektrifizierung ins Hintertreffen geraten. Die Konsequenzen für Klima und Beschäftigung in Deutschland und Europa wären fatal.”
Während die EU über eine weitere Lockerung ihrer Emissionsvorschriften diskutiert, vollzieht sich weltweit ein rascher Wandel hin zur Elektromobilität. Indien, Mexiko, Indonesien und Thailand haben einen Marktanteil von Elektrofahrzeugen von 5 Prozent, 5 Prozent, 13 Prozent bzw. 24 Prozent [6]. Auf dem weltweit größten Automarkt, China, wird der Anteil der BEV-Verkäufe bis Ende 2025 30 Prozent übersteigen. Diese Märkte werden in den nächsten zehn Jahren rasant wachsen. Holen die europäischen Autohersteller nicht schnell auf, werden die chinesischen Hersteller den Weltmarkt komplett dominieren.
Sebastian Bock sagt: „Die europäischen Automobilhersteller leben in einer Traumwelt, wenn sie glauben, dass China sich auf seinen Innovationen ausruhen wird. Wenn die Europäische Kommission den hiesigen Automobilherstellern erlaubt, den Fortschritt im Bereich E-Mobilität weiter zu verzögern, dann wird Europa in einer weiteren Schlüsselindustrie gegenüber seinen globalen Konkurrenten an Boden verlieren. Wir brauchen eine europäische Automobilindustrie, die bei einer der entscheidenden Technologien des 21. Jahrhunderts führend ist, und keine, die auf dem Weg ins Automobilmuseum ist.“
ENDE
Anmerkungen für die Redaktion:
[1] Zur Prognose der Fahrzeugemissionen hat T&E die Datenbank „Global Hybrid and EV Sales Forecast, Q2 2025” von Globaldata mit den erwarteten Verkaufszahlen für jeden Antriebstyp sowie eine interne Analyse herangezogen, die die Emissionsreduzierung durch Verbesserungen an Verbrennungsmotoren berücksichtigt.
[2] Im zweiten Quartal 2025 aktualisierte GlobalData seine BEV-Absatzprognose für den Zeitraum 2025–2027. Die Zahlen weichen um 2 Millionen von denen in der Prognoseversion aus dem zweiten Quartal 2024 ab.
[3] Basierend auf Daten von Bloomberg Intelligence.
[4] T&E schätzt die Preisrückgänge für Batterien in der EU auf Datengrundlage von BloombergNEF zur weltweiten Preisentwicklung bei Batterien und des erwarteten wachsenden Anteils kostengünstigerer LFP-Batterien.
[5] T&E hat den Ausbau der Ladeinfrastruktur auf Grundlage von Zahlen von Eco-movement, ChargeUp Europe und EAFO quantifiziert.
[6] Marktanteil für das erste Halbjahr 2025 bereitgestellt von GlobalData, mit Ausnahme von Vietnam, wo die Daten von EV-Volumes und dem vietnamesischen Automobilherstellerverband stammen.
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