• KsNI – Schrödingers Katze im Verkehrssektor

    Zu viele Abgase, zu wenig Maßnahmen. Der Verkehrssektor ist traditionell das Problemkind beim Klimaschutz in Deutschland. Jetzt hat er die Chance, zum Musterknaben zu werden – über den Straßengüterverkehr, der rund ein Drittel aller CO2-Emissionen im Verkehr ausmacht. Doch dafür muss das Verkehrsministerium aufhören zu bremsen.  

    Immer wieder höre ich aus der Industrie: “Wir brauchen ein Gesamtkonzept!” Aber das gibt es längst. Auf europäischer Ebene werden aktuell Lkw-Flottengrenzwerte verhandelt, der Bundestag hat soeben eine Ausweitung der Lkw-Maut verabschiedet, im Masterplan Ladeinfrastruktur II hat die Bundesregierung sich selbst bereits ambitionierte Pläne für deren Ausbau der Ladeinfrastruktur gesetztund das sogenannte Förderprogramm für Klimaschonende Nutzfahrzeuge und Infrastruktur (kurz: KsNI) des Verkehrsministeriums läuft bereits – oder lief? Genau hier wackelt das Gesamtkonzept nämlich gerade.

    Um im Straßengüterverkehr radikal CO2-Emissionen zu senken, müssen wir von Verbrenner- auf emissionsfreie Lkw umsteigen. Wie bei jeder Transformation kostet das zunächst Geld. So auch bei E-Lkw, die aktuell in der Anschaffung noch teurer sind, sich aber ab 2024 in den Gesamtbetriebskosten gegenüber Verbrennern bezahlt machen. Das KsNI soll Unternehmen dabei unterstützen, die hohen Anfangsinvestitionen in neue Lkw zu stemmen. Selbst im Ausland wird das Förderprogramm positiv diskutiert. Doch wer sich aktuell auf KsNI-Gelder bewerben will, stellt schnell fest: die Fördertöpfe sind leer. Nach nur zwei Förderaufrufen innerhalb von eineinhalb Jahren sind bereits alle Mittel aufgebraucht. Das Programm wurde von der Industrie so gut angenommen, dass jetzt sogar schon die Fördermittel aus dem Haushalt 2024 vergeben sind. Ursprünglich war ein Aufruf pro Quartal geplant. Doch das Verkehrsministerium lässt die Unternehmen aktuell komplett im Unklaren, ob ein dritter Förderaufruf kommen wird. Das ist bitter. Denn so wird die Stütze KsNI zu Schrödingers Katze: sie ist da und gleichzeitig nicht.

    Als Umweltverband zählt T&E oft nicht zu den Ersten, die nach umfassenden Förderprogrammen für die Industrie rufen. Doch Transformation gelingt nicht halbherzig und als ehemalige Unternehmerin weiß ich: mit Schrödingers Katze lässt sich nicht planen. Unsicherheit bremst aus und führt dazu, dass Investitionen aufgeschoben oder gestrichen werden. 

    Und die Zeit drängt – seitens des Klimas und der Wirtschaft. Der Bundestag hat beschlossen, die Lkw-Maut bereits im Dezember zu starten. Sie beinhaltet einen zusätzlichen CO2-Aufschlag für Diesel-Lkw und begünstigt emissionsfreie Lkw deutlich. Gleichzeitig sollen die europäischen Lkw-Flottengrenzwerte noch in den nächsten Monaten von den EU-Institutionen beschlossen werden. Gleichzeitig sollen die europäischen Lkw-Flottengrenzwerte noch in den nächsten Monaten von den EU-Institutionen beschlossen werden. Nach den letzten Verhandlungen des EU-Rats und des Umweltausschusses des EU-Parlaments wird das Gesetz aller Voraussicht nach von Lkw-Herstellern fordern, wesentlich mehr emissionsfreie Lkw zu produzieren.

    In vertraulichen Gesprächen mit dem Verkehrsministerium haben die Hersteller bereits bestätigt, dass sie diese Grenzwerte erreichen und sogar übertreffen können. Das müssen sie auch, denn die Konkurrenz aus China und den USA ist groß. Doch für die Übergangsphase, in der die Produktion so weit steigt, bis die Preise fallen, sind die versprochenen Finanzhilfen für den heimischen Absatzmarkt enorm wichtig.

    Ein Gesamtkonzept kann nur funktionieren, wenn alle Pfeiler klar und verlässlich umgesetzt werden. Wir haben gerade die Chance, den Straßengüterverkehr so umzubauen, dass er besser für das Klima und die Wirtschaft wird. Mit der CO2-Maut und den kommenden LKW-Flottengrenzwerten steht Deutschland im Moment auf der Pole Position, um den Straßengüterverkehr zu dekarbonisieren und gleichzeitig die hiesige LKW-Industrie fit für die Zukunft zu machen. Damit wir jetzt nicht auf halber Strecke stehen bleiben, müssen wir gleichzeitig auch Ladeinfrastruktur und Fahrzeuge fördern. Herr Wissing, Sie haben es in der Hand, ob Deutschland seinen Vorsprung ins Ziel bringt oder nicht.