• Streit um EU-Kriterien für E-Fuels: CO₂-Ausstoß wäre nach Wissings Forderungen fünfmal höher als bei Elektroautos

    Das EU-Parlament hat sich bereits auf das Ende des Verbrennungsmotors ab 2035 verständigt. Doch die Bestätigung durch die Mitgliedstaaten steht noch aus, da die Bundesregierung auf eine Ausnahmeregelung für E-Fuels drängt. Jetzt liegt es an den EU-Regierungen darüber zu entscheiden, wie klimaneutral die synthetischen Kraftstoffe für eine Anrechnung auf die CO2-Flottengrenzwerte für Pkw sein müssen.

    Geht die EU den Forderungen von Bundesverkehrsminister Volker Wissing nach und verwässert die Kriterien für klimaneutrale synthetischen Kraftstoffe, dann würden mit E-Fuels betriebene Autos fast fünfmal so viel CO₂ ausstoßen wie Elektroautos. Das zeigen neue Berechnungen von Transport & Environment (T&E). Nach EU-Plänen dürfen alle neuen Autos, die ab 2035 in der EU verkauft werden, keine CO₂-Emissionen mehr ausstoßen. Daher können laut EU-Kommission nur zu 100 Prozent klimaneutrale E-Fuels für die Ausnahmeregelung in Frage kommen. Im Gegensatz dazu pochen der deutsche Verkehrsminister Volker Wissing und einige Industriegruppen darauf, dieses Kriterium abzuschwächen. Wissing plädiert für eine 70-prozentige CO₂-Neutralität.

     T&E hat die “Well-to-Wheel”-CO₂-Emissionen von E-Fuels berechnet. [1] Das sind die Gesamtemissionen, die bei der Herstellung, dem Vertrieb und der Nutzung des synthetischen Kraftstoffs entstehen. Die Analyse zeigt, dass im Jahr 2035 mit E-Fuels betriebene Autos 61 Gramm CO₂-Äquivalent pro Kilometer (CO₂e/km) ausstoßen würden, sollte sich die Forderung von Bundesverkehrsminister Wissing nach abgeschwächten Kriterien im Rahmen der EU-Richtlinie für Erneuerbare Energien durchsetzen. Im Gegensatz dazu würden Elektroautos nur 13g CO₂e/km ausstoßen, wenn sie ab 2035 mit Strom aus dem durchschnittlichen EU-Netz geladen werden würden. Um vollständig CO₂-neutral zu sein, müssten E-Fuels mit erneuerbaren Energien und aus der Atmosphäre entnommenem CO₂ hergestellt werden, um das bei der Verbrennung des Kraftstoffs in einem Motor freigesetzte Kohlendioxid auszugleichen.

    Friederike Piper, E-Mobilitätsexpertin bei T&E Deutschland, dazu: “Unser Verkehrsminister Wissing sollte endlich akzeptieren, dass Klimaneutralität für die EU-Kommission unumgänglich ist und eine Aufweichung der Kriterien für E-Fuels diesem Grundsatz widerspricht. Zugleich ist es verwunderlich, dass die E-Fuels-Lobby jahrelang erzählt hat, wie sauber ihre Kraftstoffe sind, die angedachten Kriterien jetzt aber nicht eingehalten werden können. ”

    Selbst wenn E-Fuels nach dem Plan der Kommission CO₂-neutral hergestellt werden würden, stoßen sie bei der Verbrennung in Verbrennungsmotoren weiterhin Luftschadstoffe aus, insbesondere giftiges Stickstoffoxid (NO₂) sowie krebserregende Partikel. T&E-Tests haben gezeigt, dass mit E-Fuels betriebene Autos genauso viel Stickoxide (NOx) ausstoßen wie mit fossilen Brennstoffen betriebene Autos (ca. 22 mg/km) und viel mehr Kohlenmonoxid und Ammoniak, was nichts zur Verbesserung der Luftqualität in unseren Städten beiträgt.

    Gleichzeitig ist die Herstellung von E-Fuels teuer. Fahrer:innen würden demnach weit mehr für Tankfüllungen mit synthetischem Benzin bezahlen, als für den Betrieb eines Elektroautos oder für fossiles Benzin. Die Herstellung von E-Fuels ist außerdem bei weitem weniger effizient als der Betrieb von Elektroautos. Auch wenn man nur einen kleinen Bruchteil aller Neuwagen mit E-Fuels betreiben würde, statt sie zu elektrifizieren, dann müsste Europa deutlich mehr erneuerbaren Strom erzeugen.

    Eine endgültige Entscheidung der EU-Regierungen über die Kriterien wird bis zum Jahresende erwartet. Aktuell hat die Kommission die Mitgliedstaaten um Rückmeldung zu ihrem Vorschlag gebeten, ab 2035 nur noch 100 Prozent klimaneutrale E-Fuels für Neuwagen zuzulassen. 

    ENDE

     

    Anmerkung für die Redaktion:

    [1] Die Analyse von T&E basiert auf den folgenden Annahmen:

    Konventionelles Verbrennerauto: Im Jahr 2035 verkauftes Fahrzeug des C-Segments, das mit konventionellem Benzin betrieben wird und 94 gCO2eq/MJ emittiert. 

    E-Fuels-Pkw: Dasselbe Fahrzeug, das mit E-Fuels betrieben wird, mit einer CO₂-Reduzierung von 70 Prozent im Vergleich zu herkömmlichem Benzin gemäß der RFNBO-Methode der EU-Richtlinie über erneuerbare Energien. Die Emissionsreduzierung bei den “Well-to-Wheel”-Emissionen von E-Fuels wird durch Kohlenstoffabscheidung erreicht.

    E-Auto: C-Segment BEV, durchschnittliche Kohlenstoffintensität des europäischen Netzes

    Mehr erfahren:

    T&E-Berechnungen – E-fuel cars are not zero emission