• Euro 7 und die Gier der Hersteller: Autokonzerne machen Rekordgewinne, kämpfen aber gegen 150 Euro Verbesserung für den Umweltschutz

    T&E-Analyse zeigt, dass europäische Automobilhersteller ihre Gewinne seit 2019 verdoppelt haben. Gleichzeitig behaupten sie, die EU-Pläne zur Reduzierung giftiger Schadstoffe seien zu teuer.

    Autoherstellern zufolge sind die aktuellen Euro-7-Pläne der EU für verschärfte Grenzwerte bei der Luftverschmutzung zu teuer. Eine neue Analyse zeigt jedoch, dass europäische Autohersteller Rekordgewinne erzielen und beispiellose Summen an CEOs und Aktionäre ausschütten. Insgesamt haben Europas fünf große Autohersteller ihre jährlichen Gewinne seit 2019 mit 64 Milliarden Euro mehr als verdoppelt [1]. Transport & Environment (T&E) sagte, dass der Kampf der Autoindustrie gegen strengere Schadstoff-Vorschriften ihre Profite klar vor die öffentliche Gesundheit stelle.

    Die aktuelle Euro-7-Vorschlag würde höchstens 150 € pro Auto kosten [2]. T&E setzt sich für noch ehrgeizigere Grenzwerte ein, da Schadstoffe durch den Straßenverkehr jedes Jahr 70.000 vorzeitige Todesfälle verursachen. Europas größten Automobilhersteller Volkswagen (VW) würde ambitioniertere Vorgaben während der gesamten Laufzeit 5,7 Milliarden Euro kosten [3] – 37 Prozent des 2022 VW-Jahresgewinns, so die Analyse [4]. Die Vorschläge der EU-Kommission beurteilte T&E als schwach, da sie weit hinter Empfehlungen eigener EU-Experten zurückbleiben und die vor mehr als einem Jahrzehnt festgelegten Emissionsgrenzwerte für Benzinfahrzeuge beibehalten. Doch aktuell lehnt die Autoindustrie selbst den schwachen Vorschlag mit der Begründung ab, er wäre zu teuer.

    Gleichzeitig haben die fünf größten europäischen Autohersteller allesamt ihre Gewinnmargen im Vergleich zu der Zeit vor der Pandemie erhöht, obwohl sie zusammengenommen 25 Prozent weniger Autos verkauften. BMW hat 2022 seine Gewinnmarge im Vergleich zu 2019 fast verdreifacht, während Stellantis sie mehr als verdoppelte – als Folge eines branchenweiten Umstiegs von günstigen Kleinwagen auf teurere Premium-Fahrzeuge. T&E sagte, Autokonzerne würden erschwinglichere Autos wie den Fiat Punto zugunsten von Profiten ausrangieren, aber behaupteten trotzdem, dass EU-Vorgaben zur Luftverschmutzung Autos für gewöhnliche Fahrer zu teuer machen würden.

    Sebastian Bock, Geschäftsführer von T&E Deutschland, sagte: „Die Autoindustrie maximiert ihre Gewinne, indem sie sich auf teuere Oberklassefahrzeuge konzentriert. Gleichzeitig behaupten Hersteller, dass einfache Schadstoffvorschriften Autos unbezahlbar machen würden. Die EU muss die Luft, die wir atmen und die öffentliche Gesundheit ausdrücklich vor die Profite der Branche stellen.“

    Die fünf großen europäischen Unternehmen zahlen in diesem Jahr 19,7 Milliarden Euro Dividenden an ihre Aktionäre und 7,5 Milliarden Euro für Aktienrückkäufe aus, die darauf abzielen, ihren Aktienkurs zu steigern. Allein Stellantis plant, 5,7 Milliarden Euro für Dividenden und den Rückkauf von Aktien auszugeben. Das sind mehr als die Gesamtkosten, die der Hersteller aufwenden müsste, um strengeren Regelungen gegen die Luftverschmutzung gerecht zu werden. T&E sagte, dies verdeutliche die falschen Behauptungen der Autohersteller, sie könnten sich keine saubereren Motoren leisten, weil dadurch Investitionen für die Elektrifizierung wegfallen würden.

    Während Autohersteller den Verkauf profitabler Fahrzeuge priorisiert haben, ist seit 2019 die Vergütung von CEOs im Durchschnitt um 50 Prozent gestiegen. BMW CEO Oliver Zipse erhielt 2022 sogar 7,1 Millionen Euro – mehr als doppelt so viel wie 2019. Mercedes-Chef Ola Källenius verdiente letztes Jahr 75 Prozent mehr als 2019. Nur der Chef von Volkswagen, Oliver Blume, verdiente 2022 weniger als sein Vorgänger 2019 und musste sich mit 7.4 Millionen Euro zufrieden geben. Das Unternehmen plant aber, sein maximales Gehalt um ein Viertel zu erhöhen.

     

    T&E forderte das Europäische Parlament und die EU-Regierungen auf, ihre Ambitionen zumindest an die Expert:innen-Empfehlungen der EU-Kommission anzupassen. Die Euro-7-Normen werden die Verschmutzung durch 100 Millionen Autos regulieren, die voraussichtlich vor dem EU-Ausstieg aus Verbrennungsmotoren im Jahr 2035 noch verkauft werden – und vielleicht sogar darüber hinaus, sollten Autos mit E-Fuels betrieben werden.

    Sebastian Bock sagte: „Autokonzerne spielen mit unserer Gesundheit, während sie Milliarden in die Taschen ihrer Aktionäre stecken. Euro 7 ist die letzte Abgasnorm, die den Herstellern noch auferlegt wird. Sie ist unsere einzige Chance, die Schadstoffemissionen von 100 Millionen Autos mit Verbrennungsmotor zu reduzieren, die in den kommenden Jahren noch auf die Straße kommen.”

    Anmerkungen:
    [1] T&E analysierte die Gewinne, Dividenden, Aktienrückkäufe und CEO-Gehälter der fünf größten europäischen Automobilhersteller: Volkswagen Group, Stellantis, Mercedes, BMW und Renault.
    [2] Die Europäische Kommission schätzt die Kosten der vorgeschlagenen Euro-7-Vorschriften auf 90 bis 150 Euro pro Fahrzeug.
    [3] In der Folgenabschätzung der Europäischen Kommission wurden die Kosten auf der Grundlage einer Laufzeit der Verordnung von 2025 bis 2050 analysiert. Dabei wurde davon ausgegangen, dass die letzten Verbrennungsmotoren im Jahr 2035 verkauft werden und das Gesetz vorschreibt, dass Fahrzeuge 15 Jahre lang nach ihrem Verkauf die Grenzwerte einhalten müssen.
    [4] Basierend auf der Euro-7-Folgenabschätzung der Europäischen Kommission, die zu dem Schluss kommt, dass eine ehrgeizigere Euro-7-Norm (als von der Kommission vorgeschlagen) die optimale politische Maßnahme zur Verringerung der Umweltverschmutzung durch Kraftfahrzeuge wäre. Dazu gehört die Senkung des Grenzwerts für toxische NOx-Belastung von 60 auf 30 mg/km und für gefährliche Partikel von 6×1011/km auf 1×1011/km.