• Wasserstoff-Flugzeuge: Betrieb könnte ab 2035 günstiger sein als traditionell angetriebene Flugzeuge

    Neue Studie zeigt, dass der Einsatz von Wasserstoff-Flugzeugen in Europa wirtschaftlich machbar ist, aber durch die richtigen politischen Maßnahmen und Anreize unterstützt werden muss.

    Wasserstoff-Flugzeuge könnten ab 2035 günstiger betrieben werden als mit fossilen Brennstoffen betriebene Modelle, so eine neue Studie von Transport und Environment (T&E). [1],[2] Wird Kerosin angemessen besteuert, dann könnten Wasserstoff-Flugzeuge ab 2035 um 2 Prozent günstiger abheben als mit fossilen Brennstoffen betriebene Flugzeuge. Eine CO2-Bepreisung und eine Steuer auf fossiles Kerosin sind entscheidend für die Einführung grüner Technologien wie Wasserstoff-Flugzeuge, so T&E.

    Die Forschungsgruppe Steer untersuchte im Rahmen einer wirtschaftlichen Studie im Auftrag von T&E die künftigen Betriebskosten von Wasserstoff-Flugzeugen auf inner-europäischen Flügen. Die Gruppe kommt zu dem Ergebnis, dass Wasserstoff-Flugzeuge eine effiziente und kostengünstige Technologie zur Dekarbonisierung des Sektors sein können.

    Airbus hat bereits drei Konzepte für Wasserstoff-Flugzeuge vorgestellt. Der Flugzeughersteller muss aber noch belegen, dass er den geplanten Starttermin für Wasserstoff-Flugzeuge im Jahr 2035 einhalten kann. Kürzlich warnte Airbus davor, dass die langsame Entwicklung des Wasserstoff-Ökosystems den Start emissionsfreier Flugzeuge verzögern könnte. Airbus hat sich zudem gegen ein Kriterium in der EU-Taxonomie ausgesprochen – der EU-Liste für nachhaltige Investitionen -, wonach nur emissionsfreie Flugzeuge ein grünes Investitionslabel erhalten würden. Nach T&E-Einschätzung lässt das vermuten, dass Airbus bezweifelt, viele dieser Flugzeuge verkaufen zu können.

    Sebastian Bock, Geschäftsführer von T&E Deutschland, sagte: “Airbus hat der Welt versprochen, bis 2035 ein Wasserstoff-Flugzeug zu bauen. Das ist wirtschaftlich machbar, aber wenn wir wirklich wollen, dass Airbus sein Versprechen einhalten kann, dann müssen wir einen Markt für emissionsfreie Flugzeuge schaffen. Dafür gilt es fossile Flugzeugtreibstoffe zu besteuern und emissionsfreie Flugzeuge für die Zukunft vorzuschreiben. Es reicht nicht aus, nur auf den guten Willen von Airbus zu setzen.”

    Die Analyse zeigt auch, dass die Gesamtkosten für den Einsatz von Wasserstoff-Flugzeugen im inner-europäischen Luftverkehr 2050 bei 299 Milliarden Euro liegen würden.[3] Die Entwicklung von Wasserstoff-Flugzeugen würde nur 5 Prozent der Kosten ausmachen (15 Milliarden Euro).[4] Diese vergleichsweise geringen Anfangskosten müssen jedoch vor 2035 erfolgen – sonst ist der mittelfristige Erfolg dieser neuen Flugzeuge gefährdet, da ihre Entwicklung Zeit benötigt. 

    Der Großteil dieser Ausgaben wird nicht bei der Luftfahrtbranche selbst liegen, sondern hängt von der weiteren Entwicklung der grünen Wasserstoff-Wirtschaft ab, die parallel stattfindet. Über die Hälfte der Kosten (54 Prozent oder 161 Milliarden Euro) entfallen auf die Produktion von grünem Wasserstoff.[5] Weitere 23 Prozent werden für die Verflüssigung von Wasserstoff benötigt – der Prozess, bei dem gasförmiger Wasserstoff bei sehr niedrigen Temperaturen zu einer Flüssigkeit gekühlt wird. Weitere Kosten entstehen durch den Ausbau der Wasserstoff-Infrastruktur an Flughäfen (12 Prozent) und die Verteilung des Treibstoffs an Flughäfen (6 Prozent).

    Die Studie zeigt auch, dass die Gesamtkosten um 100 Milliarden Euro sinken könnten, wenn man davon ausgeht, dass der Freizeitverkehr auf 100 Prozent und der Geschäftsverkehr auf 50 Prozent des Niveaus von 2019 bleiben. Die Reduzierung der Nachfrage nach Geschäftsreisen sei nicht nur entscheidend zur Emissionsreduzierung, sondern auch zur Kosteneinsparung, so T&E.

    Zu beachten gilt, dass die technologischen Hürden bei der Entwicklung von Wasserstoff-Flugzeugen erheblich sind. Flüssiger Wasserstoff weist im Vergleich zu Kerosin eine geringere Energiedichte auf, was bedeutet, dass ein größeres Volumen an Treibstoff benötigt wird, um dieselbe Strecke zu bewältigen. Das begrenzt die Reichweite dieser Flugzeuge. Dennoch können Wasserstoff-Flugzeuge eine praktikable Alternative zur Dekarbonisierung von regionalen und Kurzstreckenrouten sein, die 50 Prozent der Luftfahrt-Emissionen Europas ausmachen.

    “Es gibt keine Patentlösung zur Dekarbonisierung der Luftfahrt. Wir brauchen einen Mix aus Lösungen. Grüne Kraftstoffe, Nachfragereduzierung und Wasserstoff werden dabei eine Rolle spielen. Damit Wasserstoff-Flugzeuge im nächsten Jahrzehnt abheben können, müssen wir jetzt Regulierung und Investitionen anstoßen, um später einen Preisrückgang und höhere Akzeptanz zu bekommen. Die Kosten sollten von der Luftfahrtindustrie und ihren Nutzern getragen werden, nicht von Steuerzahler:innen. Die EU sollte einen Teil der Einnahmen aus der Kohlenstoff- und Kerosinsteuer für grüne Technologien wie emissionsfreie Flugzeuge und saubere Kraftstoffe reservieren”, sagt Sebastian Bock.

     

    [1]  Wenn fossiles Kerosin gemäß dem Vorschlag der Europäischen Kommission für die Energiebesteuerungsrichtlinie mit 10,75 €/GJ besteuert wird, was etwa 0,37 €/L entspricht.

    [2]  Die Studie betrachtet Jet-Flugzeuge, die eine Mischung aus fossilem Kerosin und nachhaltigem Flugzeugkraftstoff (SAF) verwenden.

    [3]  Die Studie befasst sich mit den Kosten, die für Wasserstoff in der europäischen Luftfahrt bis zum Jahr 2050 erforderlich sind. Weitere Analysen sind erforderlich, um Szenarien für die nächste Hälfte des Jahrhunderts zu modellieren.

    [4]  Bei dieser Zahl handelt es sich um eine Schätzung, die sich auf frühere Entwicklungen neuer Flugzeugprogramme stützt – das Airbus A350-Programm wird beispielsweise auf 12,5 Mrd. € über sieben Jahre geschätzt (Quelle). Darin enthalten sind die nicht wiederkehrenden Kosten für die Konstruktion, Erprobung und Zertifizierung von Flugzeugen.

    [5]  Die Studie geht davon aus, dass der gesamte Wasserstoff in Europa produziert wird.