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  • Mit E-Fuels auf dem Holzweg – Berlin und Brüssel dürfen bei LKW nicht aufs falsche Pferd setzen

    Nach jahrelangem und schwerfälligem Streit um die Kraftstoffeffizienznormen scheint Daimler, der weltgrößte Lkw-Hersteller, in neue Dimensionen vorzustoßen. Letzten Monat verkündete das Unternehmen, ab 2039 nur noch CO2-neutrale Lkw und Busse fertigen zu wollen. Laut Daimler kann dies nur mit Batterien und Wasserstoff erreicht werden. Diese Ankündigung muss in einer Branche, die noch vor kurzem vor allem Biokraftstoffe und Erdgas-Fahrzeuge als saubere Alternativen betrachtete, als erheblicher Schritt angesehen werden.

    Die vielleicht größte Sensationsmeldung kam von Martin Daum. Der Leiter von Daimler Trucks & Buses sagte gegenüber dem Tagesspiegel, dass er synthetische Kraftstoffe (bekannt als E-Fuels) nicht als eine tragfähige Alternative betrachte. Nach dieser Erklärung sieht es nun so aus, als würde sich Daimler, genau wie Volkswagen, auf Kollisionskurs mit dem Verband der Automobilindustrie (VDA) befinden. Denn für diesen gelten E-Fuels als eine „vielversprechende Möglichkeit“ Lkw zu Dekarbonisieren.

    Noch bemerkenswerter ist jedoch die Tatsache, dass nicht nur der VDA, sondern auch die deutsche Bundesregierung sowie die EU-Kommission für Lkw immer noch auf E-Fuels setzen. In ihrem Klimaschutzprogramm 2030 hat sich die Bundesregierung das Ziel gesetzt, dass bis 2030 ein Drittel der Fahrleistung im Straßengüterverkehr elektrisch oder auf Basis strombasierter Kraftstoffe erfolgen soll. Die EU-Kommission sieht für Lkw in ihrer langfristigen Strategie 2050: „Clean Planet for all” sehr großes Potenzial für E-Fuels (siehe Abbildung).

    Die Diskussion über E-Fuels begann vor einigen Jahren in Berlin und steht auch heute in Brüssel immer öfter auf der Agenda. Zur Herstellung dieser Kraftstoffe, z.B. synthetischen Diesel, muss Wasserstoff erzeugt sowie CO2 aus einer anderen Quelle bereitgestellt werden, was große Mengen an Strom erfordert. Diese Technologie wird von Teilen der Automobilbranche, wie dem VDA nur deshalb geschätzt, weil sie so ihre geliebten Verbrennungsmotoren weiter bauen können. Inzwischen nutzt auch die Ölindustrie E-Fuels als trojanisches Pferd um den Wechsel von Kraftstoffen zu Strom aus erneuerbaren Quellen weiter hinauszuzögern.

    Die Bundesregierung wird in den kommenden Monaten eine Strategie für ihr Ziel vorlegen, ein Drittel des Lkw-Verkehrs auf Strom oder strombasierte Kraftstoffe umzustellen. Derweil wird in Brüssel die brandneue EU-Kommission die Überarbeitung der Richtlinie über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (AFID) vorschlagen, mit der die künftige Infrastruktur für saubere Lkw eingeführt werden soll.

    Neben den Ankündigungen von Daimler gibt es drei wesentliche Gründe, warum sich die deutsche Regierung und die EU-Kommission den Umstieg auf E-Fuels für Lkw gut überlegen sollten:

    Erstens ist es in Deutschland durchaus möglich, bis 2030 ein Drittel des Lkw-Verkehrs mit Strom anstelle von synthetischen Kraftstoffen zu betreiben. Nicht nur Daimler, sondern auch MAN, Renault und Volvo haben angekündigt, in den nächsten drei Jahren die Serienproduktion von batterieelektrische Lkw zu starten. Bei diesen Lkw handelt es sich um Fahrzeuge mit einer Nutzlast bis 26 Tonnen und einer Reichweite von 200–300 km. Laut Datenlage werden in Deutschland über 50 % der Kilometerleistung von Lkw mit 3,5-26 Tonnen Gesamtgewicht erbracht. Genau diese Kategorie soll als erste elektrifiziert werden. Davon abgesehen, könnten bis 2030 auch schwerere Lkw teilweise elektrifiziert werden, zum Beispiel durch Oberleitungen oder Batterien, denn Daimler plant auch die Markteinführung eines schwereren Sattelzugs mit Batterie.

    Zweitens handelt es sich bei E-Fuels um eine ineffiziente Alternative, für die große Mengen an Strom aus erneuerbaren Quellen benötigt wird. Batterieelektrische-Lkw oder -Straßensysteme sind wesentlich effizienter, wenn Strom direkt gespeichert wird und so der ineffiziente Umwandlungsprozess entfällt. Zur Veranschaulichung: Für den Antrieb aller Lkw in 2050 mit E-Fuels wären in Deutschland 407 TWh Strom erforderlich. Dem gegenüber steht ein Bedarf von 231 TWh für den Antrieb mit Wasserstoff und 89 TWh für die direkte Elektrifizierung – wobei, dem Antrieb ungeachtet, die Energie aus erneuerbaren Quellen stammen muss. An dieser Stelle darf nicht vergessen werden, dass 2017 die gesamte Stromerzeugung erneuerbarer Energie in Deutschland lediglich 222 TWh betrug (siehe Abbildung). Im Interesse des Gesamtziels des deutschen Klimaschutzprogramms und der EU-Strategie, darf die Energieeffizienz nicht vergessen werden.

    Schließlich sind E-Fuels aufgrund ihrer Unwirtschaftlichkeit auch sehr teuer und würden Transportunternehmen viel mehr kosten. Jüngste Forschungsergebnisse zeigen, dass die Herstellungskosten für synthetische Kraftstoffe im Jahr 2030 bestenfalls zwei- bis dreimal höher wären, als für normalen Diesel. Andere Untersuchungen belegen wiederum, dass es für Spediteure schon heute, und sicherlich auch im 2025 preiswerter wäre, Batterieelektrische Stadt- und Regional-Lkw zu fahren statt normalen Diesel zu nutzen. Dies ist vor allem auf sinkende Batteriepreise, den geringeren Wartungsaufwand und den höheren Wirkungsgrad von Elektroantrieben zurückzuführen.

    In Sektoren wie der Luftfahrt, in denen es keine Alternativen zur massiven Emissionsminderung gibt, können E-Fuels eine gute Wahl  sein. Für Lkw sind die jedoch schlicht teuer und ineffizient. Politiker in Berlin und Brüssel sollten bei der Planung von Infrastrukturen und anderen Fördermaßnahmen für Lkw die Effizienz an erste Stelle setzen. Es sollte in echte emissionsfreie Alternativen investiert werden- während gleichzeitig die Batterieproduktion nach Europa geholt und eine Strategie für das Batterierecycling entwickeln werden sollte. Verbrennungsmotoren haben bald ausgedient, und zu meiner eigenen Überraschung scheinen Herr Daum und ich uns in diesem Punkt einig zu sein.